(Gemeinsame Pressemitteilung durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband Landesverband Bayern e. V. herausgegeben)

Jedes sechste Kind in Bayern ist von Armut bedroht. Viele dieser Kinder erfahren Ausgrenzung und Mangel Tag für Tag als Normalität, statt eine unbeschwerte Kindheit genießen zu dürfen. Sie erleben, was es heißt, nicht dazuzugehören – weil das Geld für ein Kindergeburtstagsgeschenk fehlt, weil die Ausrüstung für die Ski-Ferien fehlt, weil kein Geld für Spikes für das Fußballtraining da ist.

Um mehr Chancengerechtigkeit herzustellen, wurde im Jahr 2011 das Bildungs- und Teilhabepaket eingeführt. Diesen formulierten Anspruch löst es aber nicht ein, wie von Anfang an von den Verbänden befürchtet. Das belegt einmal mehr eine vom Paritätischen Gesamtverband vorgelegte Expertise. Im Bundesdurchschnitt erhalten nicht einmal 15 Prozent der leistungsberechtigten 6- bis unter 15-jährigen Kinder eine Förderung für soziokulturelle Teilhabe. In Bayern liegt die Teilhabequote mit 17 Prozent geringfügig höher, wobei dies regional sehr verschieden ist.

Hoher bürokratischer Aufwand
„Die Mittel aus dem Teilhabepaket kommen bei den Kindern und Jugendlichen nicht an, denn der bürokratische Aufwand ist viel zu hoch“, kritisiert Margit Berndl, Vorstand des Paritätischen in Bayern. Das bestätigt auch Yvonne Lüders von SOS Kinderdorf München, Träger mehrerer Familienzentren: „Wir werben bei den Familien, die zu uns kommen, Anträge über das Teilhabepaket zu stellen. Aber ohne uns wären die Familien dazu oftmals gar nicht in der Lage.“

Ein weiterer Kritikpunkt sei die niedrige Höhe der Förderung, so Berndl. Die Begrenzung auf zehn Euro monatlich entspreche in keiner Weise den tatsächlich entstehenden Kosten, beispielsweise für Musikschule oder die Ausrüstung fürs Training in einem Sportverein. „Wir fordern eine existenzsichernde Kindergrundsicherung, die alle Familien erreicht“, so Berndl weiter. Der Paritätische werbe für einen Rechtsanspruch auf Angebote der Kinder- und Jugendarbeit im Rahmen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Statt auf kleinteilige Maßnahmenpakete zu setzen, brauche es eine passende Infrastruktur für alle Kinder und Jugendlichen.

Gleiche Bildungschancen für alle Kinder!
Susanna Kaiser, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Kinderschutzbundes Landesverband Bayern, kritisiert, dass auch der Schulbedarf bei weitem nicht gedeckt sei. „Gerade am Anfang des Schuljahres sind die Kosten besonders hoch – das ganze Schulmaterial, neue Turnschuhe, Kopiergeld, Übungshefte, etc. – da kommt pro Kind schnell eine Summe in dreistelliger Höhe zusammen. Wir möchten, dass jedes Kind, seinen Fähigkeiten entsprechend, hierzulande die gleichen Bildungschancen hat“, erklärt sie. Denn in Deutschland hängt der Bildungserfolg in hohem Maße von der Herkunft ab. Auch SOS Kinderdorf fordert seit langem, dass alle Kinder die gleichen Chancen auf Bildung und gesellschaftliche Teilhabe erhalten, und zwar unabhängig von den Möglichkeiten der Eltern.

Die drei Verbände fordern anlässlich des Weltkindertages am 20. September: gleiche Entwicklungschancen für alle Kinder!

 

Hintergrundinformation:

Anlass für die Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets war ein Urteil des Bundesverfassungs-gerichts, das festgestellt hatte, dass Bildung und Teilhabe für Kinder und Jugendliche über die regulären Regelsätze in Hartz IV nicht angemessen abgesichert sind.

Das Bildungs- und Teilhabepaket umfasst folgende Leistungskomponenten:
• Zuschuss zum persönlichen Schulbedarf in Höhe von insgesamt 100 Euro jährlich
• Zuschuss zu gemeinsamer Mittagsverpflegung in Schulen und Tageseinrichtungen für Kinder
• Erstattung von Schülerbeförderungskosten – sofern die Beförderung erforderlich, nicht aus dem eigenen Budget bestreitbar und nicht anderweitig abgedeckt ist
• Finanzierung von Lernförderung – sofern absehbar ist, dass nur dadurch das wesentliche Lernziel (Versetzung) erreicht werden kann, der Bedarf durch die Schule bestätigt wird und keine vergleichbaren schulischen Angebote bestehen
• Finanzierung mehrtägiger Klassenfahrten und eintägiger Ausflüge in Schulen und Kindertagesstätten in tatsächlicher Höhe
• Förderung der Teilhabe (Sport, Spiel, Geselligkeit, Kultur, musischer Unterricht, Freizeiten) durch Erstattung (bspw. von Vereinsbeiträgen) von bis zu 10 Euro pro Monat bzw. 120 Euro pro Jahr

Die Expertise hat Zahlen zum letztgenannten Punkt deutschlandweit ausgewertet, weil nur dafür vergleichbare Daten vorliegen.

Die Kurzexpertise können Sie hier nachlesen:
http://infothek.paritaet.org/pid/fachinfos.nsf/0/762fe53103a0226ec125830c0022e66b/$FILE/Paritaet.%20Expertise_4_2018_Bildungs-%20und%20Teilhabepaket.pdf

 

Ansprechpartnerin:
Susann Engert | Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Paritätischen in Bayern e. V.
Telefon: 089/30611-137 Mobil: 0176/10220724

Kontakt:
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Bayern e. V.
Cordula Falk – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Goethestraße 17
80336 München
Tel.: (089) 920089-20
E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@kinderschutzbund-bayern.de
www.kinderschutzbund-bayern.de

Der Deutsche Kinderschutzbund Landesverband Bayern e.V. ist Dachverband für 59 Orts- und Kreisverbände. Er ist Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband und anerkannter freier Träger der Kinder und Jugendhilfe nach §75 SGB VIII. Im Bundesverband des Deutschen Kinderschutzbundes sind 16 Landesverbände und über 430 Orts- und Kreisverbände vertreten. Bundesweit haben sich über 50.000 Mitglieder zusammengeschlossen, die mit über 10.000 Ehrenamtlichen und rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine kindgerechte Zukunft schaffen wollen.

Der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) hat sich seit seiner Gründung 1953 in Hamburg zur größten Lobby für Kinder in Deutschland entwickelt. Er setzt sich für die Rechte aller Kinder ein. Dabei macht er keinen Unterschied zwischen Herkunft, Geschlecht, Konfession, Behinderung und Nichtbehinderung.
Der DKSB versteht sich als moderner Dienstleister und bietet Kindern und deren Familien in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Einrichtungen zahlreiche Hilfsangebote und Projekte an. Darüber hinaus leistet er auf politischer Ebene Lobbyarbeit und informiert Politiker, Medien und Öffentlichkeit über Missstände. Mehr unter www.kinderschutzbund-bayern.de.