München, 20. September 2019 – Anlässlich des Weltkindertages befragte Der Kinderschutzbund Landesverband Bayern (DKSB LV Bayern) fünf Parteien zu Themen rund um das diesjährige Motto: „Wir machen Zukunft – Kinder und Jugendliche mischen mit“.
Kurz vor dem bayerischen Ferienbeginn veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung die repräsentative und von der Universität Frankfurt durchgeführte Studie Children’s Worlds+. In dieser wurden 3.500 Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland zu den verschiedensten Themen befragt. Dabei kam unter anderem heraus, dass sich die Befragten „nicht ernst genommen oder nur unzureichend beteiligt“ fühlten. Auch zeigte sich, dass rund die Hälfte aller befragten Kinder in Sorge um die finanzielle Situation ihrer Familien ist. Besonders erschütternd: Rund 60 Prozent aller Kinder fühlen sich in der Schule nicht sicher und haben bereits Erfahrungen mit Ausgrenzung und Mobbing machen müssen – über 30 Prozent dieser Kinder befanden sich zum Zeitpunkt der Befragung noch in der Grundschule.

Mit diesen Ergebnissen konfrontierte der DKSB LV Bayern fünf bayerische Parteien und befragte sie zu möglichen Lösungsansätzen.
Die vollständigen Antworten können unter www.kinderschutzbund-bayern.de heruntergeladen werden.

Hier finden Sie eine Zusammenfassung aller Antworten:

Ein Großteil der jungen Menschen fühlt sich offenbar nicht ernst genommen und nur unzureichend beteiligt. Wo sehen Sie aktuell Möglichkeiten, dem Wunsch nach mehr Beteiligung auch auf politischer Ebene besser nachzukommen?

Die CSU zeigt eine Reihe von bereits existierenden Partizipationsformen auf und meint, dass Jugendliche heute mehr denn je am gesellschaftlichen und politischen Diskurs partizipieren. Zukünftig möchte die CSU mehr onlinebasierte und kurzfristigere Partizipationsmöglichkeiten schaffen.

Die FREIEN WÄHLER hingegen wollen mehr Jugendparlamente gründen und finden es durchaus denkbar, das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre auf kommunaler Ebene zu senken, um Jugendliche noch besser in das politische Geschehen einzubinden. Auch möchten sie die politische Bildung an Schulen fördern, appellieren jedoch an die Jugendlichen, sich auch außerhalb von „Fridays for Future“ aktiv zu informieren und zu beteiligen.

Die SPD setzt sich für die Mitsprache von Kindern und Jugendlichen ein.
Sie wünscht sich, dass der Freistaat Bayern zu einem Musterbeispiel an Jugendpartizipation werden soll, auf kommunaler genauso wie auf Bezirks- und Landesebene. Dies wollen sie wie folgt umsetzen:
Sie möchten, dass Gemeindeangehörige, also auch Kinder und Jugendliche, ein Abstimmungsrecht haben.
Auch sollen Kinder und Jugendliche künftig an der Mitgestaltung des Gemeinwesens beteiligt werden. Im letzten Jahr hat die Landtags-SPD einen Antrag zur Stärkung der Jugendpolitik vor Ort sowie zur Schaffung jugendgerechter Kommunen gestellt (DRS17/22441). Sie fordert eine Änderung der Bayerischen Gemeindeordnung, in der die Stärkung der Beteiligungsrechte junger Menschen vor Ort in allen sie betreffenden Angelegenheiten in den Gemeinden beschrieben und normiert werden soll. Außerdem möchte die SPD die Hinzunahme eines eigenen neuen Artikels (Art. 18c) „Kinder- und Jugendbeteiligung“ erreichen.
Die SPD spricht sich zudem ebenfalls für eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre aus und für den Ausbau schulischer und außerschulischer politischer Bildung und den Ausbau von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit.

Die GRÜNEN sind der Meinung, dass die Politik auch der Jugend zu dienen hat, schließlich wäre es vor allem die junge Generation, die morgen mit den politischen Entscheidungen von heute leben muss. Deshalb fordern sie ebenfalls ein Wahlrecht ab 16 Jahren und eine Stärkung von Jugendbeteiligung auf kommunaler Ebene.

Die FDP in Bayern setzt sich für das aktive Wahlrecht bei Kommunal-, Bezirkstags- und Landtagswahlen bereits ab 16 Jahren ein. Sie hat hierzu im Bayerischen Landtag bereits einen Gesetzesentwurf zur Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre bei Landtags-, Gemeinde- und Landkreiswahlen, Volksbegehren, Volksentscheiden und Volksbefragungen sowie Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden eingebracht (den Antrag finden Sie hier). Eine weitere Möglichkeit zur stärkeren Einbindung der Interessen von jungen Menschen sieht die FDP in der Einrichtung von Kinder- und Jugendparlamenten. Auch sollte „politische Bildung“ eine stärkere Bedeutung an den Schulen und im Alltagsleben bekommen.

Die Befragung brachte auch zu Tage, dass sich viele Kinder an ihrer Schule nicht mehr sicher fühlen. Welche Maßnahmen sollten aus Ihrer Sicht ergriffen werden, um diesen Umstand nachhaltig zu verbessern?

Die CSU merkt an, dass laut der Verfassung nicht nur „Wissen und Können“ vermittelt, sondern auch „Herz und Charakter“ gebildet werden sollen. Als oberste Bildungsziele werden u.a. die Achtung vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit und Hilfsbereitschaft genannt. Sie verweist auf das Programm „Schule öffnet sich“ des Freistaats, welches die Schulsozialarbeit an den bayerischen Schulen eingeführt hat. Auch die staatliche Schulberatung helfe dabei, Schulprobleme zu klären und zu bewältigen. Ferner gäbe es staatliche Schulberatungsstellen, die mit Beratungslehrkräften, Schulpsychologinnen und Schulpsychologen als eine qualifizierte und schulunabhängige Anlaufstelle dienen.

Für die FREIEN WÄHLER ist es wichtig, geltendes Recht klar durchzusetzen. Dazu möchten sie der Verrohung durch die Anonymität des Internets aktiv in der Schule und in den Familien entgegenwirken. Sie erachten sozialkompetente Lehrpläne und die Vorbildwirkung der Eltern als unablässig. Außerdem möchten sie das Ehrenamt für Jugendliche und Erwachsene (Sport-, Musik-, Trachtenvereine) unterstützen und stärken, weil es sich ihrer Meinung nach in einer Gemeinschaft sicherer lebt.

Die SPD versteht die Schule als einen Schutzraum, indem sich Kinder angstfrei entwickeln können. Damit dies möglich ist, müssten Lehrkräfte ein geschultes Auge für gefährliche Situationen und Zeit haben, sich den
Kindern zuzuwenden. Die Länder hätten dafür zu sorgen, dass für dieses Ziel die nötigen Ressourcen vorhanden sind. Gerade in bayerischen Grundschulen wäre die Situation hochproblematisch, da ein enormer Übertrittsdruck herrscht, der vor allem durch die strengen Notenvorgaben des Übertrittszeugnisses erzeugt wird.
Alleine um den Kindern wieder ein angstfreies Lernen zu ermöglichen, sieht die SPD eine Abschaffung des Übertrittszeugnisses als dringend notwendig.

Die GRÜNEN möchten die Demokratiebildung an bayerischen Schulen ausbauen, damit Vielfalt und Pluralismus gestärkt und Diskriminierung in jeder Form begegnet wird. Sie möchten hierfür bessere Rahmenbedingungen schaffen. Mit kleineren Klassen etwa, zeitweisem Einsatz von zwei Pädagog*innen im Klassenzimmer oder multiprofessionellen Teams an Schulen.

Die FDP möchte zur Erhöhung der Sicherheit an Schulen einen Schwerpunkt auf Präventivmaßnahmen setzen. Es sollen verstärkt Antiaggressions- und Konfliktbewältigungstrainings an Schulen angeboten werden. Auch unterstützen sie Aufklärungs- und Toleranzprojekte in den Schulen und in der Jugendarbeit.
Um die Sicherheit an Schulen zu erhöhen, möchte die FDP überprüfen, inwiefern technische Frühwarnsysteme bei Amokläufen umzusetzen sind. Dabei sollen Freiheit und Sicherheit jedoch im Einklang stehen. Eine Videoüberwachung an Schulen sieht sie hingegen als keinen Sicherheitsgewinn. Sie empfindet diese als einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre und lehnt diese Methode zur Überwachung daher ab.

Auch machen sich gut die Hälfte aller Kinder zum Teil große Sorgen um die finanzielle Situation ihrer Familie. Die betroffenen Kinder werden auch öfter ausgegrenzt, gehänselt oder absichtlich gehauen, als Kinder ohne finanzielle Sorgen. Wie wollen Sie zukünftig die Situation der Betroffenen verbessern (Stichwort: Kinderarmut)?

Die CSU verweist auf ihr Maßnahmenbündel gegen Familien- und Kinderarmut und gibt an, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen. Als mögliche Lösung für bestehende Kinderarmut sieht sie
einen starken Arbeitsmarkt und eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Eltern. Mit dem „Familienpakt Bayern“ helfen der Freistaat und die bayerische Wirtschaft Arbeitgebern bei der Umsetzung familienbewusster Maßnahmen. Außerdem unterstützt der Freistaat die Familien in Bayern auch finanziell – wie etwa durch das Bayerische Familiengeld. Alleinerziehende würden durch den Unterhaltsvorschuss entlastet.

Die FREIEN WÄHLER setzen sich in Stadt und Land für gleichwertige Lebensverhältnisse ein. Sei es das Baukindergeld, der finanzielle Zuschuss für Kindergarten- und Krippenkinder als auch die Förderung des Ehrenamts, der Ausbau des Sozialstaates und den Bau von mehr bezahlbaren Wohnungen. Eine starke Wirtschaft und eine niedrige Arbeitslosenquote sind die Basis, um Armut in Bayern zu reduzieren. Dennoch betonen sie, dass das Durchschnittseinkommen in Bayern im Vergleich immer noch besser ist als im Bundes-vergleich.

Die SPD gibt an, dass etwa 276.000 Personen unter 18 Jahren armutsgefährdet sind und dass die finanzielle Ausstattung von Kindern und ihre soziale Herkunft nachhaltigen Einfluss auf die Gesundheit, die soziale Integration, die Wohnverhältnisse und mögliche Bildungserfolge hätten. Die Bekämpfung von Kinderarmut sieht die SPD sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene als ihr zentrales Thema. Sie führt ein entsprechendes Maßnahmenpaket an, das unter der Verantwortung von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey bereits in einigen Punkten umgesetzt wurde. Dazu gehören die Erhöhung und einfachere Beantragung des Kinderzuschlages für einkommensschwache Familien und Alleinerziehende sowie die Aufstockung des
Schulstarterpakets für Schulmaterial von Kindern aus einkommensschwachen Familien. Für Bayern fordert sie insbesondere die Einführung einer Kindergrundsicherung (angelehnt an den Vorschlag des Bündnisses
Kindergrundsicherung). Mit der Kindergrundsicherung sollen alle Kinder die gleichen Zugangschancen zu Bildung, Gesundheit und Freizeit erhalten und effektiv vor Armut geschützt werden.
Darüber hinaus setzt sie sich für kostenfreie und qualitativ hochwertige Bildung, ein Recht auf guten Ganztag sowie mehr bezahlbaren Wohnraum für Familien und familienfreundliche Arbeitszeiten ein.

Die GRÜNEN möchten, dass alle Kinder und Jugendliche die gleichen Chancen bekommen! Das bedeutet, dass sie Nachteile ausgleichen und diejenigen am meisten stärken möchten, die eine Unterstützung am dringendsten benötigen. Sie setzen sich daher für eine Kindergrundsicherung ein, die automatisch ausbezahlt wird und Geringverdiener besonders unterstützt. Auch fordern sie ein sozial gestaffeltes Familiengeld in Bayern.

Die FDP möchte Kinderarmut bekämpfen und deshalb Kinder in den Mittelpunkt der familienpolitischen Förderung rücken. Konkret möchte sie die Vielzahl an kindesbezogenen Leistungen, wie Kindergeld, Wohngeld oder Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, in einem Leistungspaket – einem „Kinderchancengeld“ – bündeln. Aktuell stelle der Bund über 150 familienpolitische Leistungen zur Verfügung, die jedoch von den Berechtigten nur in der Hälfte der Fälle beantragt würden, da sie zum Teil mit der Vielzahl an verschiedenen Anträgen überfordert wären. Durch eine Bündelung der Leistungen in einen „Kinderchancengeld“ wollen sie diesem Missstand entgegengetreten. Kindern aus wirtschaftlich prekären Situationen möchten sie zudem mit einem „Chancenpaket“ einen unbürokratischen Zugang zu Angeboten, wie Musikunterricht, Nachhilfe oder Sportvereinen ermöglichen.


Wir bedanken uns ganz herzlich bei den beteiligten Parteizentralen und hoffen, dass viele der angeführten Pläne und Vorhaben in naher Zukunft umgesetzt oder noch weiter ausgebaut werden können – im Sinne aller Kinder und Jugendlichen in Bayern.

>> Pressemitteilung zum Download (PDF)
>> Originalantworten aller Parteien zum Download
(PDF)

Kontakt:

Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Bayern e. V.
Cordula Falk
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Tel.: (089) 920089-20
E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@kinderschutzbund-bayern.de
www.kinderschutzbund-bayern.de


Der Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Bayern e.V. ist Dachverband für 59 Orts- und Kreisverbände. Er ist Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband und anerkannter freier Träger der Kinder und Jugendhilfe nach §75 SGB VIII. Im Bundesverband des Deutschen Kinderschutzbundes sind 16 Landesverbände und über 430 Orts- und Kreisverbände vertreten. Bundesweit haben sich über 50.000 Mitglieder zusammengeschlossen, die mit über 10.000 Ehrenamtlichen und rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine kindgerechte Zukunft schaffen wollen. Der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) hat sich seit seiner Gründung 1953 in Hamburg zur größten Lobby für Kinder in Deutschland entwickelt. Er setzt sich für die Rechte aller Kinder ein. Dabei macht er keinen Unterschied zwischen Herkunft, Geschlecht, Konfession, Behinderung und Nichtbehinderung. Der DKSB versteht sich als moderner Dienstleister und bietet Kindern und deren Familien in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Einrichtungen zahlreiche Hilfsangebote und Projekte an. Darüber hinaus leistet er auf politischer Ebene Lobbyarbeit und informiert Politiker, Medien und Öffentlichkeit über Missstände. Mehr unter www.kinderschutzbund-bayern.de.